BVerwG: Anspruch der Presse auf Auskunft aus den Akten eines abgeschlossenen Disziplinarverfahrens

Urteil des 2. Senats vom 13. Oktober 2020 – BVerwG 2 C 41.18:

1. Der Anspruch der Presse auf Auskunft zu einem behördlichen Disziplinarverfahren
gegen einen Bundesbeamten findet seine Grundlage im Personalaktenrecht in § 111
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BBG.
2. Das disziplinarrechtliche Verwertungsverbot und das Tilgungsgebot (§ 16 Abs. 1
und 3 BDG) sind als bedeutsame Abwägungsfaktoren auf Seiten des Rechts auf informationelle
Selbstbestimmung des betroffenen Beamten in die nach § 111 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 BBG vorzunehmende Interessenabwägung einzustellen.
3. Das Merkmal „zwingend erforderlich“ des § 111 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BBG ist im Lichte
der Pressefreiheit dahin auszulegen, dass die Auskunftserteilung nicht von einer
inhaltlichen Bewertung des Informationsanliegens abhängt. Nicht „zwingend erforderlich“
kann eine von der Presse verlangte Information sein, wenn sie aus anderen
öffentlich zugänglichen Informationsquellen anderweitig verfügbar ist.
4. Die während eines Verwaltungs- oder Klageverfahrens mit dem Ablauf der Tilgungsfrist
entstehende Pflicht des Dienstherrn, die Disziplinarakte von Amts wegen
zu vernichten, tritt mit seiner Pflicht, die von einem Dritten geltend gemachte Auskunft
gegebenenfalls erteilen zu müssen, in Konflikt. Der Ausgleich der kollidierenden
Rechtspflichten des Dienstherrn kann nur dadurch hergestellt werden, dass der
Disziplinarvorgang bis zur bestands- oder rechtskräftigen Entscheidung über das
Auskunftsersuchen in eine gesonderte Aufbewahrung genommen wird.

Kategorie: Beamtenrecht